Para Schwimm-Weltmeisterschaft

Para Schwimm-Weltmeisterschaft

Denise Grahl gewinnt Silber – Josia Topf stellt zwei neue deutsche Rekorde auf

Denise Grahl, die - wenn sie nicht gerade im Becken schwimmt - im Londoner Aquatics Center meist dick eingepackt mit einer Wollmütze und noch einer Kapuze darüber anzutreffen ist, saß vor ihrem Rennen locker auf der Tribüne beim deutschen Team und sah sich die anderen Wettkämpfe an - eine dieser Routinen, ohne die sie nicht starten kann. "Das mache ich immer, um nicht zu nervös zu werden, um mich abzulenken." Die 26 Jahre alte Schwimmerin vom Hanse SV Rostock stieg diesen Samstag so richtig in die Weltmeisterschaften im Para Schwimmen ein, nämlich mit den 100 Metern Freistil in der Startklasse S7. Die 50 Meter Freistil, ihre zweite Paradestrecke, steht am Sonntag an. Über diese beiden Distanzen wurde Grahl im vergangenen Jahr in Glagow Europameisterin - dazu noch über 100 Meter Rücken. Bei den 100 Metern gab es Samstagmorgen gleich drei Vorläufe, Grahl schwamm im zweiten Halbfinallauf mit 1:12,49 Minuten die bis zu diesem Zeitpunkt schnellste Zeit. Von den 21 Schwimmerinnen über die 100 Metern Freistil war nur die US-Amerikanerin McKenzie Coan, die im dritten Vorlauf nach 1:09,76 Minuten anschlug, schneller. So sollte es auch im Finale bleiben: Grahl verbesserte ihre Zeit aus dem Vorlauf nochmals auf eine 1:12,10 Minuten und holte sich so Silber, Erste wurde Coan mit 1:08,83 Minuten. Die Italienerin Giulia Terzi komplettierte das Treppchen. "Ich freue mich - aber eigentlich hätte ich auch gerne eine neue Bestzeit aufgestellt", sagte die ehrgeizige Grahl nach ihrem Rennen. "Morgen kommen dann die 50 Meter Freistil, das ist meine Lieblings-Disziplin", sagte die 26 Jahre alte Schwimmerin, die am Sonntag wieder zu den Medaillenkandidatinnen zählen wird.
Josia Topf hatte ebenfalls Grund zur Freude, oder besser gesagt: Er hatte zwei, stellte zwei neue deutsche Rekorde auf. Über 150 Meter Lagen und 50 Meter Freistil in der Startklasse S3
verbesserte der 16 Jahre alte Erlanger bei seiner ersten WM-Teilnahme die deutschen Bestmarken, kam nach 3:37,69 Minuten und 52,67 Sekunden ins Ziel. Im Finale über 150 Meter Lagen steigerte sich Topf ein weiteres Mal, verbesserte seinen eigens aufgestellten deutschen Rekord nochmals um mehr als eine Sekunde, kam nach 3:36,37 Minuten ins Ziel und wurde Siebter. Im 50-Meter-Freistil-Finale wurde Topf Achter in 56,73 Sekunden. "Ich bin ein bisschen traurig", sagte der 16-Jährige nach dem Kraul-Finale. Bundestrainerin Ute Schinkitz sprach dem Schwimmer umgehend lobte Topf umgehend für seine starken Leistungen, die zu zwei neuen Rekorden führten.
Marlene Endrolath machte kleine Sprünge vor Freude als sie hörte, was sie soeben geschafft hatte: Über 100 Meter Schmetterling in der Startklasse S13 stellte die Athletin vom Berliner Schwimmteam eine neue persönliche Bestzeit von 1:10,88 Minuten auf und landete so auf Platz sieben. "Heute Morgen habe ich mich während des Rennens eigentlich richtig gut gefühlt, die Technik hatte gepasst. Über meine Zeit war ich dann aber etwas enttäuscht", sagte Endrolath nach ihrem Finallauf. Im Halbfinale hatte sie 1:12,83 Minuten gebraucht. "Ich wusste aber: Da geht heute noch was!" Und das, obwohl die 18-Jährige seit einigen Tagen immer wieder mit leichten Knieschmerzen zu kämpfen hatte - im Teamhotel sah man Endrolath immer wieder mit einem großen, mit Eiswürfeln gefüllten Beutel herumlaufen. "Ich habe einfach alles rausgehauen und freue mich, dass es mit der Bestzeit geklappt hat", sagte eine strahlende Endrolath, deren Ziel es ist, im nächsten Jahr bei den Paralympics in Tokio teilzunehmen.
Elena Krawzow und Neele Labudda schwammen wie Endrolath ebenfalls über die 100 Meter Schmetterling in der Startklasse S13. Mit 1:12,53 Minuten war Krawzow im Vorlauf gar etwas schneller als Endrolath, die im selben Halbfinale schwamm. Die Weltmeisterin über 100 Meter Brust verzichtete jedoch auf ihre Finalteilnahme, fühlte sich nicht ganz fit dafür nach den vielen Wettkämpfen in den letzten Tagen. "Mein Ziel war eine neue persönliche Bestzeit, das hat in meinem Halbfinale aber leider nicht ganz geklappt", sagte die Weltrekordhalterin über 100 Meter Brust, die bei den Para Schwimm-Weltmeisterschaften nun kein Rennen mehr zu absolvieren hat. Labudda Zwölfte, benötigte 1:24,93 Minuten auf den 100 Metern Schmetterling.
Taliso Engel, der am Donnerstag über 100 Meter Brust in der Startklasse S13 Weltmeister wurde, belegte am sechsten Wettkampftag den 13. Platz über 100 Meter Schmetterling. Der 17 Jahre alte Weltmeister der SG Bayer aus Leverkusen benötigte 1:06,57 Minuten.
Mira Jeanne Maack, die jüngste Schwimmerin im deutschen Team, kam am Samstag in der Startklasse S8 über 200 Meter Lagen auf Rang 16. Die 15 Jahre Athletin des Berliner Schwimmteams, für die die Wettkämpfe im Londoner Aquatics Centre ebenfalls eine Premiere darstellen, benötigte 3:16,82 Minuten.
Peggy Sonntag schaffte es über 50 Meter Rücken in der Startklasse S5 in die Top-10 der Welt: Die 20-Jährige, die für den BPRSV startet, war nach 55,02 Sekunden im Ziel und landete so auf dem zehnten Platz.
Verena Schott, die am ersten Wettkampftag Silber über 200 Meter Brust gewann und sich am Donnerstag über die halbe Distanz mit Europarekord zur Weltmeisterin krönte, schwamm Samstag über die 50 Meter Schmetterling in der Startklasse S6. Im Vorlauf benötigte die 30-Jährige 40,30 Sekunden. Im Finale verbesserte sich Schott nochmals und schlug nach 39,90m Sekunden an.
"Ich bin sehr froh für Denise und ihre heutige Medaille", sagte Bundestrainerin Ute Schinkitz am Ende des sechsten Wettkampftages, mit dem man "gewiss" zufrieden sein könne. "Unsere jungen Schwimmer, insbesondere Josia heute mit seinen deutschen Rekorden, auch Marlene mit ihrer Bestzeit haben heute wieder überzeugt, haben sich im Verlaufe des Tages sogar wieder steigern können. Das ist ein tolles Team, es macht Spaß mit ihnen zusammenzuarbeiten." Die Bundestrainerin fiebert nun den 50 Metern Freistil von Grahl entgegen, die am Sonntag stattfinden werden: Bei den Para Schwimm-Europameisterschaften in Dublin 2018 schnappte sich Grahl in dieser Disziplin Gold.
Text:DBS
Leistungssport LLZ Schwimmen